Jeder Hundehalter, der schon Erfahrung mit einem Leinenpöbler gemacht hat, weiss wie unangenehm diese Begegnungen mit anderen Hunden auf einem Spaziergang sein können. Man weiss als Hundehalter genau was passiert und ist sich seiner geringen Einflussmöglichkeit bewusst.
Das schürt Frustration und zementiert bei jeder Wiederholung einen Automatismus nach dem einfachen Reiz-Reaktionsmuster. Die Schaltkreise im Gehirn, die diese Handlung auslösen, werden durch das implizite Gedächtnis aktiviert, der Ort, wo klassisch konditionierte Erfahrungen gespeichert sind.
Auch wenn der Hundehalter in einer solchen Situation versucht auf den Hund Einfluss zu nehmen, sei es durch anschreien, Leinenruck oder ins Fell greifen, vermag der Hund meistens nicht von sich aus, hemmend auf seine Handlung zu wirken. Neuronale Prozesse die im limbischen System ihren Ausgang haben, sind stark aktiv. Einfach ausgedrückt, je intensiver das limbische System feuert, um so schwieriger wird die Umsetzung kognitiver Prozesse. Die Fähigkeit zu lernen, ist durch die hohe Erregung stark beeinträchtigt.
Dass die Möglichkeit besteht, mit starken aversiven Reizen die Handlung zu unterbinden, heisst nicht, dass dies eine angemessene Vorgehensweise im Umgang mit Leinenpöbler ist.
Die Angst vor Schmerzen durch Strafreize konkurriert mit der Unsicherheit und das dabei gezeigte Verhalten, welches der Hund in einer Hundebegegnung an der Leine zeigt.
Die Emotion, die in dieser Herangehensweise bedient wird, ist die Angst.
Angst ist eine starke Emotion und im Beziehungsgeflecht Mensch-Hund kann sie die Beziehung stark beeinträchtigen. Vertrauen geht verloren und mit ihr die Möglichkeit einer
wunderbarer zwischenartlichen Beziehung.
Versuchen wir das Verhalten des Hundes in so einer Situation aus dem Lerntheoretischen Ansatz zu verstehen.
Wieso tut der Hund das was er tut?
Definieren wir zuerst den Begriff des Leinenpöblers.
Leinenpöbler sind Hunde, die bei verschiedenen Begegnungen an der Leine (oft Begegnungen mit anderen Hunden) in die Leinen rennen, Richtung Verhaltensauslösender Reiz, jaulen, bellen, eine aggressive Kommunikation zeigen und taub für verbale Kommunikation mit ihren Hundehaltern sind.
Was für eine Emotion lieg der Handlung zu Grunde?
Eine Möglichkeit wäre, dass ein unsicherer Hund gelernt hat, wenn ein fremder Hund, der bei ihm Unbehagen auslöst, in seine Nähe kommt, die beste Strategie ist, nach vorne zu gehen, nach dem Motto, Angriff ist die beste Verteidigung.
Weicht der fremde Hund diesem Angriff aus und der Abstand zwischen den Hunden vergrössert sich wird der Hund an der Leine diese Strategie bei einer erneuten Hundebegegnung wieder anwenden.
Die Konsequenz einer Handlung Formt den Lernprozess.
Eine weitere Möglichkeit wäre, dass der Hund an der Leine einen starken inneren explorativen Drang verspürt und von jedem Aussenreiz förmlich absorbiert wird.
In diesem Fall löst die Einschränkung durch die Leine Frustration aus.
Um erfolgreich unerwünschtes Verhalten zu ändern, müssen wir direkt auf die Emotionen des Hundes Einfluss nehmen. Dies geschiet mit Hilfe der Desensibilisierung und Gegenkonditionierung.
Unter der Desensibilisierung versteht man eine Therapiemethode aus dem Bereich der Verhaltenstherapie. Sie hat die schrittweise Konfrontation mit angstauslösenden Themen zum Gegenstand.
Gegenkonditionierung: Gefühle lassen sich verändern, wenn der Hund die Erfahrung macht, dass der angst- oder aggressionsauslösende Reiz zuverlässig etwas Angenehmes ankündigt. Angst und Freude sind auf Dauer nicht gleichzeitig miteinander vereinbar.
Im zweiten Teil werden wir die ersten Schritte im Verhaltenstraining anschauen.